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Millionen gekeulter Nerze in Dänemark zeigen, wieso sich die Modewelt von Echtpelz trennen muss

In Dänemark wurde aufgrund von mutierten Covid-19-Variationen der gesamte Bestand an Zuchtnerzen gekeult. Ist jetzt der Moment, wo sich die Modewelt für immer von Pelz trennt?

Übersetzung des Artikels "Millions Of Mink Being Slaughtered In Denmark Proves Why Fashion Finally Needs Disown Fur" von Rosalind Jana, VOGUE (UK), 13.11.2020.

Von abgesagten Modeschauen, über geschlossene Läden und verschwendetem Vorrat: Das Coronavirus hatte in den letzten 9 Monaten einen unbestreitbaren Einfluss auf die Modeindustrie. Gerade jetzt ist es jedoch die Rolle der Mode als Auslöser von Coronavirus-Ausbrüchen, die einer genaueren Untersuchung bedarf.


Letzte Woche hat Dänemark die Massenkeulung vom gesamten Bestand an Zuchtnerzen des Landes angekündigt, nachdem mutierte Variationen von Covid-19 entdeckt wurden, mit denen sich mindesten 12 Menschen angesteckt haben. Die internationale Sorge ist, dass die mutierte Variation einen möglichen Impfstoff weniger wirksam machen könnte, inklusive der neuen Rezeptur von Pfizer.


Dänemark ist weltweit der grösste Produzent von Nerzfellen; zwischen 15 und 17 Millionen Tiere lebten auf über 1'000 Nerzfarmen gehalten, als die Keulung angekündigt wurde (das heisst in Dänemark gibt es dreimal so viele Nerze wie Menschen). Die Nerze werden ausschliesslich für ihren Pelz gezüchtet, welcher grösstenteils zu Kleidern verarbeitet wird, aber auch für Mobiliar verwendet. Obwohl die letzten Nachrichten darauf hinweisen, dass die Keulung aufgrund wachsenden Opposition und Fragen angesichts der rechtlichen Auskunft der Regierung zurückgefahren wurde, könnte dies ein entscheidender Wendepunkt für die globale Pelzindustrie bedeuten.


Das Ausmass der Keulung - welches den "Appetit" von Marken und KonsumentInnen auf Pelz zeigt - ist vielleicht überraschend, wenn man bedenkt, dass die Modeindustrie den Geschmack an Pelz eher zu verlieren scheint. Über die letzten Jahre haben eine ganze Reihe an berühmten Marken den Pelzausstieg bekannt gegeben, inklusive Prada, Burberry. Gucci, Chanel, Versace, Armani und DKNY. Manche von ihnen verzichten auf alle Pelze, inklusive Nerz, Chinchilla und Kaninchen, and gehen sogar noch weiter und produzieren nichts mehr mit mit exotischen Tierhäuten oder Angora.


Diese Anti-Pelz-Haltung hat sich auch unter Modehäusern verbreitet: Die Yoox Net-a-Porter Group stoppte den Pelzverkauf bereits 2017, während letztes Jahr Farfetch und Macy's ihre Pläne dazu bekannt gaben. Was die Laufstege betrifft, so hat den British Fashion Council 2018 angekündigt, dass die London Fashion Week keine Pelze mehr zeigen würde - und die Britische Regierung zieht nach dem Brexit ein totales Verkaufsverbot von Pelz in Betracht (Pelzfarmen sind im Vereinigten Königreich seit 2000 verboten). Ebenfalls verboten ist die Produktion und der Verkauf neuer Pelzprodukte in Kalifornien, und sogar die Queen ist aufs Boot aufgesprungen und hat letztes Jahr von Echt- auf Kunstpelz umgestellt (gemäss Lyst hat die entsprechende Ankündigung des Buckingham Palace im November 2019 zu einem Anstieg von 52% in Kunstpelz-Produkten geführt).


Diese Industrie-Versprechen sind immer willkommener, während das öffentliche Bild von Pelz an Ansehen verliert. Was einst ein Statussymbol und Luxusartikel galt, wird nun als rückständiges, in unverantwortliche ethischen Konflikte verstricktes Produkt gesehen. Der Anstieg von innovativen Pelzalternatives hat dabei geholfen: Während Shrimps, Maison Atia und Stand Studio den beliebten Status Kunstpelz jede Saison wiederbeleben, übernimmt Stella McCartney weiterhin Pionierfunktion was nachhaltige Alternativen betrifft: Koba Fur Free Fur besteht aus einer Mischung aus pflanzlichen Produkten und recyceltem Polyester und wurde entworfen, um sich neben dem Look auch wie Echpelz anzufühlen - nur ohne die Tierquälerei.


Nun, wird diese Nerz-Keulung die Modeindustrie zwingen, dem Pelzhandel abzuschwören? Es ist schwer zu sagen. Die meisten dänischen Nerzfelle werden nach China exportiert, wo die Nachfrage weiterhin stark ist. Aber die Pelzindustrie hat sich in den letzten Jahren definitiv zurückentwickelt. Wenn auch die British Fur Trade Association und Auktionshäuser wie Saga Furs behaupten, dass jüngere KonsumentInnen sich mehr an Echtpelz orientieren, sinken doch doch die Verkaufszahlen. Zwischen 2015 und 2018 sind diese global von $40 Milliarden auf $33 Milliarden gesunken, während der Preis eines Nerzfells von €59 in 2013 zu €19 in September 2020 gesunken ist.


Jetzt, während die Pandemie weiterhin eine bereits marode Industrie belastet, ist vielleicht der Moment gekommen, um sich in Ruhe zu fragen, ob Echtpelz in der Modewelt generell noch vertretbar ist. Jetzt könnte der Moment sein, um sich von Pelz zu verabschieden - ein für allemal.


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